Brotlose Kunst – als ob!



„Brotlose Kunst“, „Also wirst du Lehrerin?“, „Was macht man denn damit? Du wirst bestimmt arbeitslos“, „Dann kannst du ja direkt Taxifahrerin werden“ „Als Polin?“… So oder so ähnlichen waren meistens die Reaktionen, wenn ich gefragt wurde, was ich studiere.


Ich bin Nathalie und das ist meine #afterschoolstory.

In Köln geboren mit polnischem Hintergrund, studiere ich Germanistik, allgemein vergleichende Literatur und Kulturwissenschaft, Skandinavistik im Hauptfach und Geographie im Nebenfach. Nun stehe ich in den Startlöchern, um meine Bachelorarbeit zu schreiben.


Was kommt nach der Schule auf mich zu?

Nach dem Abitur und schon währenddessen, habe ich mich immer wieder gefragt, was ich machen möchte. Ich hatte mich in der Oberstufe relativ spontan für den Mathe und Deutsch Leistungskurs entschieden. Nach dem Abitur habe ich gemerkt, dass mir Deutsch viel Spaß macht, allgemein hat mich die Medienbranche interessiert. Da die meisten öffentlichen Hochschulen keine Medienstudiengänge anbieten, habe ich mich dann für die Germanistik entschieden, zunächst mit dem Nebenfach Linguistik. Natürlich hatte auch ich Bedenken. Hatte ich mich doch eher aus dem Bauch heraus für die Leistungskurse entschieden – in Mathe hatte ich auch noch einige Schwierigkeiten.



Ich habe mich auf mein Gefühl verlassen

Auch die Germanistik war eine Bauchentscheidung. Während der Bewerbungsphase an den Unis war mir auch noch selbst nicht ganz bewusst, welche Bereiche die Germanistik eigentlich abdeckt, da ich nur Deutschunterricht aus der Schule kannte und natürlich hatte auch ich meine Bedenken, dass ich nachher nicht den passenden Job finden könnte.

Wirklich erleichtert wurde mir die Entscheidung auch nicht durch mein Umfeld. Es gab natürlich Menschen, die das Themengebiet richtig spannend fanden oder meinen Mut mal etwas „Ungewöhnliches“ zu probieren, bewunderten, die meisten Menschen jedoch fragten zu aller erst, was meine Berufschancen sind oder ob ich Lehrerin werden möchte.



Meine Identitität ändert sich nicht – trotz Bedenken anderer

Und dann gab es noch die Seite, die sagte, als Polin sollte man sich doch eher für die Slavistik, als für die Germanistik entscheiden und ob ich mich denn nicht polnisch fühle. Dazu muss ich sagen, dass für mich meine Identität als Deutsch-Polin, oder wie ich gern sage als kölsche Polin, nie ein Thema für meine Berufswahl war, auch aus dem Grund, weil Germanistik nicht das sture Lernen der deutschen Sprache ist, sondern soviel mehr beinhaltet. Auch meine Familie hatte Schwierigkeiten mit der Wahl, war es doch kein greifbarer Studiengang und gab es nicht „den Germanisten-Beruf“ und als Polin sollte man sich doch eher für die polnische Sprache interessieren, oder? Zu Anfang war es schwierig, da ich durch diese Reaktionen sehr oft meine Entscheidung in Frage stellte. Nach einiger Zeit lernte ich jedoch, dass die Menschen mich nicht kränken wollten. Es ist ein einfaches Unwissen über den Studiengang, der zu solchen Reaktionen führt. 


Was beinhaltet die Germanistik eigentlich?  

Die Germanistik ist sehr vielfältig. Ich entschied mich für die Neue Deutsche Literaturwissenschaft, die Sprachwissenschaft sowie, da in meinem Studiengang noch die Skandinavistik beinhaltet war, für die Skandinavistik und konnte so schwedisch lernen. Die Themengebiete sind sehr unterschiedlich, daher hier nur ein kurzer Einblick.

Besonders spannend fand ich die Literatur der 20er Jahre und die Moderne. Außerdem hatte ich die Möglichkeit einen echten Dichter kennenzulernen (Marcel Beyer). Das Verlagswesen und der Besuch beim Deutschlandfunk waren auch sehr spannend. Von der Vielfältigkeit der Linguistik war ich besonders überrascht. Sehr spannend waren Themen wie die Neurolinguistik, das heißt zum Beispiel Sprachschäden nach einem Schlaganfall, aber auch Dinge wie Geheimsprache oder Werbesprache. Dabei sind Germanisten auch bei ganz aktuellen Themen mit dabei, wie durch das „natural language processing“ bei der „Fütterung“ von künstlichen Intelligenzen. Also hat es auch was mit Mathe zu tun.



Germanisten sind wahre Allrounder und arbeiten zum Beispiel…

  • als Sprachtherapeuten,
  • Computerlinguisten,
  • in Redaktionen aller Art,
  • in Museen,
  • in Schulen,
  • als Social Media Manager,
  • als Autoren, etc.

Herausforderung schreckten mich nicht ab

Eine andere kleine Hürde war, dass ich zunächst zur Uni pendeln musste, daher entschied ich mich während des Studiums, die Uni zu wechseln, da ich nicht umziehen wollte. Jetzt bin ich an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms- Universität in Bonn. Ich war gezwungen das Nebenfach zur Geographie wechseln. Eine gute Entscheidung, zwar hatte die Geographie kaum etwas mit meinem Hauptfach gemeinsam, aber es machte trotzdem richtig viel Spaß!



Mein (Uni-)Alltag

Der Uniwechsel bringt natürlich Papierkram mit sich und das Laufen von Büro zu Büro, um sich Sachen anrechnen zu lassen war nicht so spannend. Nach dem Uniwechsel änderte sich daher auch mein Uni-Alltag. Ich musste morgens und abends nicht mehr pendeln. Mein Uni-Alltag bestand aus drei Tagen Uni, die restlichen Tage und am Wochenende habe ich gearbeitet. Ich hatte viele Seminare und weniger Vorlesungen. Unter die Seminare mischten sich auch Praxisseminare, die besonders spannend waren. Meine Prüfungsphasen, bestanden eher aus Hausarbeiten als aus Klausuren.


Friederike erinnert sich: „85% von Ihnen werden keinen Abschluss machen – der ein oder andere wird auch sicher später Taxi fahren.“

„Damit wurden meine Kommilitoninnen, Kommilitonen und ich in der Einführungsvorlesung im Germanistikstudium begrüßt. Das war erst einmal ein Dämpfer. Ich wusste aber, dass es bei mir anders laufen würde: Schließlich hatte ich mich für Germanistik als Studienfach entschieden, weil es meine Leidenschaft ist, zu lesen und über das Gelesene – egal ob Unterhaltungsroman, Literatur aus vergangenen Jahrhunderten oder Gedichte – zu diskutieren. Außerdem hat es mich total interessiert, woher unsere Sprache kommt und wie sie sich wandelt. Als ich mit dem Studium begann, wusste ich noch nicht, wohin mich mein Studium beruflich bringen würde.


Lehrerin wollte ich nicht werden

Schließlich habe ich neben dem Studium viele Praktika gemacht und festgestellt, dass mich das Germanistikstudium gut darauf vorbereitet, Sprache zielgerichtet und präzise einzusetzen. Und so bin ich in der Unternehmenskommunikation/Public Relations gelandet. Einerseits war es toll, nicht von Anfang zu wissen, was mal mein Beruf sein würde. Auf der anderen Seite, hat mich das natürlich auch nervös gemacht und ich habe die Medizinstudenten darum beneidet, dass sie doch recht genau wussten, dass sie früher oder später mal mit einem weißen Kittel im Krankenhaus stehen würden. Inzwischen bin ich sehr froh, dass ich meiner Leidenschaft gefolgt bin und dass ich damit auch einen erfüllenden Beruf gefunden habe.“
Friederike, 34 Jahre, Köln

Im Studium entdeckte ich eine weitere Leidenschaft

Da mein Studienalltag noch etwas an Zeit (außer in den Prüfungsphasen) übrig ließ. Hatte ich noch Zeit mich selbst und meine Interessen besser kennenzulernen. Ich fand heraus, dass mir das Fotografieren und die Bildbearbeitung viel Spaß machen, startete einen eigenen kleinen Blog, den ich aus Zeitmangel dann zwar wieder aufgegeben habe. Das Fotografieren verfolge ich aber heute noch. 


Definitiv ist die Germanistik ganz anders als der Deutsch Schulunterricht.



Das rate ich euch

Wenn ihr Germanistik studieren wollt, möchte ich euch ans Herz legen, dass der Bereich sehr vielfältig ist und es daher wie in der Schule auch Themen geben wird, die dazu gehören, die euch weniger Spaß machen werden. Man kann in viele Bereiche nachher einsteigen. Aber durch viele spezielle Studiengänge ist es als Germanist*in oft auch schwierig sich durchzusetzen. Bereitet euch vor viel zu lesen. Die Germanistik birgt aber auch viele Überraschungen und Erkenntnisse, ich war zum Beispiel oft sehr überrascht wie Sprachen zusammenhängen oder dass man auch lernt, wie bestimmte Laute mit den Sprechorganen geformt werden. Ich hatte definitiv viel Spaß, hab viel gelernt und gute wie schlechte Erfahrungen mitgenommen. 

Probiert euch aus! Ein Praktikum oder auch mehrere Praktika können da sehr hilfreich sein. Auch durch Nebenjobs erkennt man seine Stärken.




Mein #girlsforgirls Tipp

Lasst euch nicht verunsichern und unterkriegen! Schaut was euch Spaß macht und was sich gut anfühlt und dann tut es! Auch wenn die Familie und Freunde vielleicht anderes für euch vorgesehen haben. Es ist euer Leben und den Job müsst ihr selbst am Ende ein Leben lang ausführen!

Was hat euch am meisten an Germanistik überrascht?

Eure Nathalie




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