Ira hat alles von heute auf morgen auf den Kopf gestellt und dabei ihre Leidenschaft entdeckt. Und was ist dann passiert? Es hat alles geklappt, nur noch viel besser als gedacht!
Im Interview habe ich sie gefragt, wie das ist, wenn das Interesse so stark ist, dass es einen nicht mehr loslässt. Und wie man den Anfang finden kann, um diesem Interesse zu folgen, auch wenn man gerade etwas ganz anderes macht. Ihre Antworten werdet ihr sicherlich genau so gut finden wie ich. Sie sind persönlich, stark und inspirierend. Zudem gibt sie uns 5 konkrete Tipps zur Umsetzung eurer Passion. Ira hat mich dazu angeregt, ganz anders über meine Interessen und Stärken nachzudenken. Doch überzeuge dich selbst davon. Ich bin auf dein Feedback in den Kommentaren gespannt.
1. Wer bist du? Erzähl uns, was deine Passions sind. Gibt es eine Passion, für die dein Herz besonders schlägt?
Geboren in der Sowjetrepublik Kasachstan, 1992 Umzug mit neun Jahren nach Deutschland, Abi, Studium der Literaturwissenschaften, acht Jahre festangestellt als Marketingberaterin, dann der große Umbruch: Ich kündige ohne Plan B, mache mich innerhalb von zwei Wochen selbstständig im Marketing und finde seit fast fünf Jahren Schritt für Schritt zu mir und meinen Leidenschaften.
Mein Herz schlägt für osteuropäische Geschichte und die persönlichen Geschichten, die mit den vielen grauenhaften Episoden des 20. Jahrhunderts zusammenhängen. Ich mache diese Geschichten und die Menschen, die sie erlebt haben, sichtbar, damit unsere Demokratie gestärkt wird, Vorurteile gegenüber eingewanderten Menschen in Deutschland abgebaut werden und Unrecht sich nicht wiederholt.
Mit allem, was ich öffentlich tue, sei es Vorträge zu halten oder journalistische Texte zu meinen persönlichen Erfahrungen als Mensch mit Migrationsgeschichte zu veröffentlichen, möchte ich aufklären und auch Menschen mit ähnlichem Hintergrund motivieren. Ich möchte, dass sie sich ihre Wurzeln genauer anschauen, um mögliche Scham oder Sprachlosigkeit abzulegen. Damit sie ihre Geschichte selbstbewusst erzählen können und sie einflechten können in die gesamte bundesdeutsche Geschichte. So können wir alle etwas verständnisvoller und friedvoller miteinander leben.
Passion = Leidenschaft = Berufung = Traumberuf = Glück = Mut = Erfolg
2. Warum hast du dich dafür entschiedenen mehreren Passions nachzugehen und diese sogar zu verbinden? Gab es eine bestimmte Situation, die der Auslöser war? Erzähl sie uns.
Mein Leben verlief nach Plan: Abi, Einser-Studium, Praktika, PR-Volontariat, nach einigen beruflichen Zwischenstationen endlich die unbefristete Festanstellung als Marketingleiterin. Ich hatte mein Ziel erreicht. Es fühlte sich aber nicht nach Erfolg an. Vielmehr fühlte ich nichts. Jeden Morgen, wenn ich im Auto zum Büro saß, sah ich mit der Landschaft auch mein Leben an mir vorüberziehen. Ich war 33 und fragte mich: Soll es das gewesen sein? Wird mein Leben bis zu seinem Ende genauso sein: Stundenlange sinnlose Teammeetings, unangenehme Vorgesetzte, täglich eine Flut an Emails, die nichts mit dem zu tun haben, was mich wirklich interessiert?
Zu diesem Zeitpunkt wusste ich zwar, was mich wirklich interessiert: Geschichte, das Schreiben, etwas Gutes für unsere Gesellschaft tun. Aber ich dachte, es sei unmöglich, damit Geld zu verdienen. Ich war verzweifelt. Ich hatte keinen Plan. Mein Umfeld sagte: Halte durch, sei doch froh, dass du viel Geld verdienst. Aber ich wusste: Ich will meine Zeit nicht mehr verschwenden! Von Jetzt auf Nachher kündigte ich. Mein familiäres und privates Umfeld war in großer Sorge und vor allem: Gegen meine Entscheidung. Nur zwei Freundinnen meinten damals: Selbstständigkeit – das passt zu dir, mach das einfach! Also machte ich das und war nach nur zwei Wochen selbstständige Marketingberaterin mit zwei riesigen Aufträgen, die mein Konto schnell füllten und mir trotzdem Zeit gaben, meinen Lieblingsthemen erstmal nur für mich nachzugehen.
3. Wann war dein Interesse für deine Passion so stark, dass es dich nicht mehr losgelassen hat? Gab es mal eine Situation, in der alles klar wurde?
Es war im Herbst 2017. Im Zuge der Bundestagswahl zeichneten Medien ein Bild von Russlanddeutschen, die nicht meiner Realität als Teil dieser Gruppe entsprach. Pauschalisierend wurden rund vier Millionen Menschen in Deutschland als entweder streng religiös oder politisch rechtsorientiert dargestellt. Ich war weder das eine noch das andere und beschloss, einen ersten Artikel zu diesem Thema zu schreiben. Er outete mich als Russlanddeutsche – etwas, wofür ich mich bis weit in die Studienzeit geschämt hatte. So fing alles an.
Ich schrieb weitere Artikel und kurze Geschichten für Sammelbände zur russlanddeutschen Geschichte allgemein und meinen persönlichen Erfahrungen. Ich vernetzte mich mit Menschen, die sich ebenfalls für Migration, Integration und Demokratiestärkung interessieren. Ich besuchte Konferenzen, organisierte Medienworkshops, wurde bald selbst als Expertin wahrgenommen. Schritt für Schritt erkannte ich: Das ist das Thema, für das ich schon immer gebrannt hatte und ja: Ich kann damit sogar etwas Geld verdienen, was jedoch nie im Vordergrund steht. Meine Projekte als Texterin und Marketingexpertin bilden bis heute meine finanzielle Basis.
Erfahre mehr in ihrem Podcast zum Thema Russlanddeutsche und von ihren Berichten als Stadtschreiberin aus Odessa in der Ukraine
In der Zwischenzeit hostet sie einen viel beachteten Podcast „Steppenkinder – der Aussiedler Podcast“ zum Thema Russlanddeutsche hat sie 2021 dank eines Stipendiums der Bundesregierung fünf Monate als Stadtschreiberin von Odessa in der Ukraine verbracht und schreibt gerade an ihrem ersten Roman.
In ihrem weiteren Podcast „Verweilzeit – Gespräche auf Friedhöfen für alle, die in der Zeit verweilen und keine verschwenden möchten“, spricht sie in der aktuellen Folge mit Autorin Lana Lux über die wichtigsten Wendepunkte in ihrem Leben, über Entscheidungen, die sie heute anders treffen und Ratschläge fürs Leben, die sie ihrer Tochter geben würde. Hier kannst du direkt reinhören:
4. Welche Fragen, Tipps und Kriterien haben dir dabei geholfen, herauszufinden, was du wirklich leidenschaftlich ausleben willst? Wie kamst du von der Idee zur Umsetzung?
Ich habe keinen 5-Punkte-Plan oder Ähnliches, der einem hilft, seine Bestimmung zu finden. Mich haben vor allem drei Faktoren geleitet, um Zufriedenheit und Sinnhaftigkeit zu finden: Mein Bauchgefühl, Vertrauen und keine Angst zu haben.
Oft sprachen rationale Gründe absolut gegen bestimmte Entscheidungen, die ich in meinem Leben getroffen hatte, sei es die Selbstständigkeit oder eine spontane Reise in die Ukraine 2018, die mein Leben ziemlich auf den Kopf gestellt hat. Aber in diesen Situationen machte sich immer auch mein Bauchgefühl bemerkbar. Es war so stark, dass ich es nicht ignorieren konnte. Also bin ich ihm gefolgt und durfte auf diese Weise wunderbare Veränderungen in mein Leben einziehen lassen. Und da sind wir beim zweiten Erfolgsfaktor: Vertrauen.
Ich vertraute darauf, dass alles gut wird, dass all die Dinge, für die ich zu dem Zeitpunkt noch keine Lösung hatte, sich fügen werden – und zwar zu meinem Besten. Denn ich bin davon überzeugt: Das Leben arbeitet für uns. Wir müssen aber auch darauf vertrauen. Wer ständig nur vom Schlechten ausgeht und von Menschen annimmt, dass sie einem Böses wollen, der wird leider genau das erleben. Wer aber an das Gute im Menschen glaubt, an Hilfsbereitschaft, Liebe, Güte – dem begegnen genau die Menschen, die diese Eigenschaften in sich tragen. Ich bin niemand, der an Gott glaubt oder an irgendwelche Gurus, die einem Heilung durch Spiritualität versprechen. Aber ich glaube an die Liebe und an das Gute.
„Aus meiner Sicht ist aber der wichtigste Punkt, der glückliche Menschen von unzufriedenen Menschen unterscheidet, der Umgang mit Angst.“
▸ Ein Mensch, der ständig zweifelt (an sich, dem Partner, der Partnerin, dem Job) und der für jede Entscheidung jede mögliche Option gedanklich durchgeht, ohne sich am Ende auch nur für eine zu entscheiden, der wird leider nie zufrieden sein.
▸ So ein Mensch hat nämlich Angst: Angst davor, was andere über ihn denken. Angst davor, zu scheitern. Angst nicht allein vor einer falschen Entscheidung, sondern generell vor Entscheidungen. So bleibt er lieber in einer unglücklichen Beziehung, geht lieber jeden Tag ins Büro, um sich schon vor dem ersten Kaffee nach dem Feierabend zu sehnen oder entscheidet sich für eine Pauschalreise an einem Ort, an dem er schon fünf Mal war – sicher ist sicher.
▸ Solche Menschen glauben, später sei auch noch Zeit für einen neuen Job, für ein Ehrenamt oder eine bestimmte Reise. Doch das ist eine Illusion. Wenn du heute Abend plötzlich stirbst (ja, wir alle müssen das, hoffentlich nicht heute, aber eines Tages bestimmt): Hast du dann wirklich gelebt? Hast du dich komplett entfaltet? Hast du deine Talente eingesetzt? Bist du deiner Leidenschaft gefolgt?
Solche Fragen sollten wir uns alle täglich stellen und daraus Handlungen ableiten, und zwar JETZT! Und nicht etwa in fünf Jahren, wenn ein besserer Moment kommt. Der beste Moment ist nämlich immer JETZT, einen besseren wird es nie geben.
Dein PassionCheck:
Und hier noch 5 konkrete Tipps, die mir geholfen haben, meiner Leidenschaft zu folgen:
1. Stell dir folgende Fragen zu deinem Leben und schreibe deine Antworten auf. Das hilft, um einen ersten Überblick über deine aktuelle Situation zu bekommen: Wenn du heute Abend plötzlich stirbst: Hast du dann wirklich gelebt? Hast du dich komplett entfaltet? Hast du deine Talente eingesetzt? Bist du deiner Leidenschaft gefolgt?
2. Sprich mit anderen über deine Wünsche, Ziele, Visionen.
3. Vernetzte dich mit Menschen, die bereits das tun, was dir interessant erscheint.
4. Schreib deine Wünsche und Ziele auf, denn das erhöht enorm die Wahrscheinlichkeit, dass du sie wirklich erreichst.
5. Teile deine Ziele in kleine, machbare Zwischenziele, sonst wirst du schnell aufgeben. Ein wenig greifbares Ziel ist zum Beispiel: „Ich will einen besseren Job.“ Realisierbar hingegen wäre: „Diese Woche schreibe ich mir auf, was mir an meinem jetzigen Job nicht gefällt und was bei einem neuen Job anders sein sollte.“
Tipp: 1. Notiere die Antworten hierzu. 2. Diskutiere deine Gedanken mit einer Person deines Vertrauens. 3. Lass uns in den Kommentaren an deinen Gedanken teilhaben.
Vielleicht stellst du fest, dass der jetzige Job gar nicht so übel ist, aber dass du dich vielleicht über jemanden aus deinem Kolleg:innenkreis ärgerst. Diesen Konflikt könntest du als Erstes angehen, bevor du Hals über Kopf kündigst.
Ein weiteres machbares Ziel wäre: „Diese Woche recherchiere ich, welche Jobs, Aus- oder Weiterbildungen es in meiner Region gibt, die mich interessieren und notiere mir drei Stellen, auf die ich mich bis Ende nächster Woche bewerbe.“
intombi for girls – verpasse keine News mehr
In unserem #girlsforgirls Online Passion Magazin stellen wir euch jede Woche spannende junge Frauen, Projekte und wichtige Tipps, rund um ihren Weg zu ihrer Passion vor. Für einen erfolgreichen Start in die Zukunft – ganz nach unserem Motto #girlsforgirls !👭💕🌍
Gefördert wird diese Kolumne von der Stiftung der Sparda-Bank West. Die Stiftung Kunst, Kultur und Soziales der Sparda-Bank West nimmt sich genau wie wir dem Thema Berufung von jungen Frauen an.
5. Was war dein letztes Passion-Werk, auf das du besonders stolz bist?
Ich durfte kürzlich für eine namhafte Stiftung aus Berlin Social Media Workshops für junge Menschen halten, die freiwillige Soziale Arbeit in Osteuropa leisten. In den Workshops habe ich ihnen gezeigt, worauf es beispielsweise bei Interviews mit Zeitzeugen ankommt und wie sie die Ergebnisse aus solchen Gesprächen in Blogbeiträgen oder via Social Media kommunizieren können. Ich kann mir keinen besseren Job vorstellen! Denn zum einen war das Thema super spannend.
Auf der anderen Seite empfinde ich es als sehr sinnvoll, jungen Menschen Werkzeuge an die Hand zu geben, mit denen sie ein besseres Geschichtsverständnis vermitteln können. Auf diese Weise tragen sie nämlich auch zu mehr gegenseitigem Interesse und vielleicht auch Respekt zwischen den Ländern bei. Und dann auch noch für etwas bezahlt zu werden, was man sofort auch kostenfrei machen würde, ist natürlich ein schöner Nebeneffekt und auch eine Bestätigung, dass meine Arbeit dies auch wert ist.
6. What´s next Ira? Was sind deine Wünsche und Sehnsüchte in Bezug auf deine Passions in der Zukunft?
Ich möchte in diesem Jahr mindestens fünf Projekte umsetzen, auf die ich am Ende des Jahres ähnlich stolz sein kann wie in dem oben beschriebenen. 2022 nehme ich mir Zeit, um mich tiefer mit Themen zu befassen, die ich interessant finde. Das ist zum Beispiel die Geschichte meiner Familie bis zu ihrer Deportation 1936 aus der Ukraine nach Kasachstan. Einige Marketingprojekte habe ich aktuell tatsächlich auf Eis gelegt, um mehr Zeit für Freiwilligenarbeit zu haben, für Recherchereisen in die Ukraine für meinen Roman und für das Schreiben an sich. Das bedeutet einen großen Schritt für mich, der auch mit finanziellen Einbußen einhergeht. Aber JETZT ist der beste Moment für meinen Lebenstraum, den Roman, einen besseren wird es nie geben.
7. Was möchtest du anderen mit auf den Weg geben, die auch herausgefunden haben, dass da etwas ist, was sie nicht mehr loslässt?
Einfach machen! Du hast nichts zu verlieren und gewinnst in jedem Fall – und sei es am Ende einfach nur die Erfahrung, an der du wächst, und dass du dein Potential ein Stück weit mehr entfaltest. Worauf wartest du noch? Pack die Sachen an, die dich nicht mehr loslassen!
Da du nun erfahren hast, wie es ist, einfach mal dem Gefühl zu folgen und loszulegen. Brodelt da auch bereits etwas in dir? Oder lebst du das vielleicht schon längst genauso? Verrate es mir in den Kommentaren!
Deine Valentina 💕
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