Von der Schauspielerin zur Regisseurin – Anne Berndt im Exklusivinterview


Foto: Dietmar Hendricks

Ich bin Anne Berndt, 26 Jahre alt und das ist meine #afterschoolstory

Meinen Alltag prägte eine gewisse Schnelllebigkeit, ein beruflich bedingtes mal-hier-und-mal-dort-sein. Nach einer kleinen Odyssee durch Deutschland, da ich als Schauspielerin in Dresden, Berlin und München gelebt habe und auch schon auf Deutschland- und Österreichtournee mit einem Musical war, wohne ich mittlerweile fest in Köln.


Dank meiner Vision veränderte sich mein Leben

Ein halbes Jahr lang lebte ich in Hotels durch die Tournee mit „Dschungelbuch – das Musical“. Allerdings hatte ich Sehnsucht nach mehr als dem Schauspielerleben, denn in mir blühte ein zweiter großer Lebenstraum: Als Regisseurin arbeiten!

Dieses schnelllebige Leben, dass ich vorher gelebt habe, hat sich nach der Firmengründung unserer Filmagentur CREAVE – FILM AGENCY in Köln, zu eintausend Prozent gewandelt und es ist mehr Ruhe eingekehrt. Vorher war es so, dass ich als Schauspielerin von Casting zu Casting und von Job zu Job getingelt bin und auch keinen richtig festen Wohnsitz hatte, immer auf dem Sprung, immer bereit, in eine neue Stadt zu fahren oder gar zu ziehen.



Kennst du die Schauspielerin Franziska Benz?

In ihrem Blog-Post berichtet Franziska Benz von ihrem Leben als Schauspielerin. Bis vor Kurzem hat sie bei „Alles was zählt“ mitgespielt. Hier kannst du mehr über sie und ihren Beruf erfahren.

Erst Schauspielerin und dann Regisseurin – ich habs getan

Davor hatte ich unendlich viel Respekt, denn schließlich hatte ich nach meinem Abitur nicht Film oder Regie, sondern Schauspiel studiert und bereits zwei Jahre hauptberuflich als Schauspielerin gearbeitet. Aber ich traute es mir zu und es kribbelte mir regelrecht unter den Fingernägeln.
Schon während der Schauspielschule war ich gern hinter den Kulissen tätig und meine MitstudentInnen fragten mich immer mal wieder nach Ratschlägen von außen. Zudem habe ich eigentlich schon als Kind angefangen, Filme zu machen. Natürlich ganz und gar nicht auf Hollywood-Niveau.

Als ich klein war, habe ich meine ersten Filme mit einem Camcorder oder auch meiner kleinen Digitalkamera gedreht. An Postproduktion war da noch nicht zu denken. Ich filmte alles chronologisch und reihte alle Szenen aneinander ohne irgendetwas weg zu schneiden, Effekte einzublenden, Color Grading o.ä. Wenn ich zum Beispiel einen Titel einblenden wollte, filmte ich am Anfang ein mit dem Filmtitel beschriebenes Blatt ab. So machte ich das in meiner Freizeit oder auch für die Schule als Hausaufgabe in Filmform.



Durch meine Arbeit als Schauspielerin fühlte ich mich gut vorbereitet

Der Wunsch, sowohl vor als auch hinter der Kamera und sowohl auf als auch hinter der Bühne zu arbeiten, hat mich also lange beschäftigt und nicht losgelassen. Mein Herz schlug für beides zu einhundert Prozent.
Auf Drehs, wie bei Jobs im Theater lernte ich das komplette Set- und Bühnenleben kennen, beobachtete die einzelnen Positionen genau. Ich bereitete mich als Schauspielerin nicht nur auf meine Rollen vor, sondern betrachtete jeden Job und jedes Casting auch als eine Art „Praktikum“, wo ich schön den Regisseur beobachten und von ihm lernen konnte. Und das, damit ich iiiiirgendwann mal selbst als Regisseurin arbeiten können würde. Wer weiß, vielleicht mal in 10 Jahren? 


Und dann sagte ich mir einfach:

Wann, wenn nicht jetzt?


Also bewarb ich mich kurzerhand für ein Sommerprojekt als Regisseurin für ein Kindertheaterstück. Das ganze dauerte nur wenige Wochen und war für mich eine Art Testlauf. Für die Kinder war es eine Ferienbeschäftigung und für mich ein entscheidender Schritt auf meinem Weg als werdende Regisseurin.



Die Motivation und die Freude der Kinder haben meine Entscheidung bestärkt Regisseurin zu werden

Wir schrieben ein Theaterstück gemeinsam mit den Kindern und ich inszenierte es. Es hat unglaublich viel Spaß gemacht! Und die Kinder gingen total darin auf. Am letzten Tag des Projekts fand die Aufführung statt und ich war unendlich stolz auf meine kleinen Schauspieler. Einige Kinder sagten mir, dass sie Dank des Projekts nun einer festen Theatergruppe beitreten wollen. Das hat mein Herz berührt, mir aber auch die Bestätigung gegeben, weiter zu machen. 
Wenige Wochen nach dem Theaterprojekt hatte mein Mann, mit dem ich mittlerweile die Filmagentur leite, einen Job als Kameramann bei einem Heimatfilm für die ARD. Er nahm mich mit ans Set, weil ich noch nie zuvor „nur“ hinter den Kulissen an einem Set war, sondern immer ein Doppelleben geführt hatte als Schauspielerin und Beobachterin. Ich wusste noch nicht – ist es dann wirklich etwas für mich oder werde ich nicht auf der anderen Seite stehen wollen? Schließlich bin ich ja auch Schauspielerin und liebe die Schauspielerei. Die Tage am Set zeigten mir jedoch das Gegenteil: Hinter der Kamera, das ist genau mein Ding. Und es gab und gibt keine Eifersucht gegenüber den Schauspieler*innen, weil es mir hinter der Kamera genauso viel Spaß macht. 

Mein Mann Christian ist Kameramann und war vorher bereits Geschäftsführer einer Produktionsfirma, wollte aber gern eine kreative Full-Service-Filmagentur aufbauen, die von der Konzeption über den Dreh und die Postproduktion alles übernimmt. Und ich wollte schon ewig lange Drehbücher und Konzepte schreiben und Regie führen. Wir taten uns also kurzerhand zusammen und gründeten die Agentur.


Anne, (fast) allein unter Männer!

In der Regisseur*innen Szene sind deutlich weniger Frauen als Männer vertreten. In Deutschland sind nur 15 Prozent der im “Bundesverband Regie” registrierten Regisseure weiblich, obwohl es hierzulande gleich viele weibliche und männliche Regieabsolventen gibt. Doch das liegt sicher nicht an der fehlenden Qualität des ausbleibenden Erfolgs der Filme.

Hast du, zum Beispiel, schon mal von Catherine Hardwicke gehört?

Sie ist an dem “Twilight” Fieber schuld. Mit den Filmen „Dreizehn“ und „Red Riding Hood – Unter dem Wolfsmond“ konnte sie ihr Talent als Regisseurin nochmals unter Beweis stellen.

(Quelle: Goldene Kamera)

Wir können schon die ersten Erfolge verzeichnen

Bei einem Filmpreis im Rahmen der Berlinale – dem 99 Fire Films Award – kamen wir mit unserem Film „Stillstand“ unter die Top 10 einer Kategorie. Mittlerweile caste ich auch selbst Schauspieler, statt immer nur selbst bei Castings zu zittern. Und wir haben mit einem echten Hollywood-Schauspieler gearbeitet: Danny Trejo. Viel zu riskieren und an unsere Vision zu glauben hat sich jetzt schon total ausgezahlt. Ich fühle mich auf beiden Seiten kompetent, weil ich beide Seiten verstehen kann. Und wenn ich als Schauspielerin zu Castings gehe, stehe ich nicht mehr so unter Druck, diesen Job jetzt unbedingt bekommen zu müssen, um meine Miete zahlen zu können. Es sind zwei Standbeine, die sich gegenseitig wunderbar ergänzen, mir aber auch mehr existenzielle Sicherheit geben. Diese Sicherheit ist besonders jetzt, da ich bald Mama werde, sehr wichtig.



Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben – war auch bei mir ein großes Thema

Als ich Schauspiel studiert habe, wusste ich allerdings noch nicht – wie bekomme ich das alles mal hin? Eine feste Beziehung mit eigener Familie? Bei diesem bewegten Beruf? Für die Drehs unserer Firma schreibe ich auch Konzepte und Drehbücher oder übernehme planerische Aufgaben. Diese Arbeit kann ich mir frei einteilen, was in der Schwangerschaft, die teils schwere körperliche Beschwerden mit sich brachte, ein großer Segen war. Ich hätte gar nicht mehr so viel als Schauspielerin umherfahren können wie zuvor und natürlich lässt auch der Babybauch nicht mehr jede Rolle zu. Entsprechend habe ich in den letzten 8 Monaten eher den einen, statt den anderen Traumberuf ausgeübt, aber wie gesagt, liebe ich beide Seiten. 



Nicht nur träumen – machen! Probiert euch aus

Ich würde jedem raten, dass man, bevor man sich für ein Studium entscheidet, ein Praktikum in dem Bereich macht, um herauszufinden – ist es wirklich etwas für mich oder war es nur in meinem Kopf ein Traumberuf? Nicht nur träumen – machen! Dafür gibt es so viele Möglichkeiten: Ein Schulpraktikum, der Girls-Day, mit Menschen sprechen, die schon im Traumberuf arbeiten, einen Nebenjob im Traumbereich haben, sich einfach gut mit dem Beruf beschäftigen… und nicht erwarten, dass alles perfekt wird, wenn man den Beruf dann tatsächlich ergreift. Denn nichts ist perfekt.

In jedem Beruf gibt es Herausforderungen und besonders wenn man seinen Traum lebt, ist die Angst, dass dieser Traum platzen könnte, normal. Ich habe auch viele Absagen für Rollen als Schauspielerin bekommen und wurde sogar mal aus einem Film herausgeschnitten. Und auch mit CREAVE kamen längst nicht alle geplanten Projekte zustande. Ja, das sind Niederlagen, aber (vielleicht besonders in der Medienwelt) darf man den Kopf nicht in den Sand stecken! Ich lebe zwar nach der Devise „If you can dream it you can do it“ (Walt Disney), aber das schließt auch Stolpersteine mit ein, von denen man dann allerdings wieder profitiert, weil man aus ihnen viel für die Zukunft lernt.



Mein #girlsforgirls Tipp

Hab keine Angst vor Niederlagen, du lernst eine Menge aus ihnen!

Aus Rückschlägen habe ich viel gelernt – ein Beispiel

Wir haben zum Beispiel eine sehr teure Kamera gekauft und hatten im Hinterkopf all´ die bereits geplanten Projekte, mit denen wir das Geld schnell wieder rein bekommen würden. Drei von den Projekten sind dann unerwartet ins Wasser gefallen und wir saßen auf den Kosten für die Kamera fest! Das war für den Moment schrecklich, aber wir haben daraus gelernt. Zum Beispiel, dass wir uns auf Projekte, die vertraglich noch nicht festgelegt sind, nicht mehr verlassen und entsprechend nicht mit dem Geld fest rechnen und davon etwas kaufen. Und genau das kann ich auch allen Leser*innen für ihre #afterschoolstory raten.


Was findet ihr an dem Beruf der Regisseurin spannend? Welche Fragen habt ihr zu dem Arbeitsleben als Regisseurin?

Eure Anne




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