Wenn dir das Leben eine Zitrone gibt, dann mach Limonade draus. Klingt simpel…ist es aber leider nicht immer so. Karin und Ruth schreiben in diesem Artikel über ihre Schicksalsschläge und Narben, die sie zu den Frauen gemacht haben, die sie heute sind. Stark, Selbstbewusst und glücklich sprechen sie heute über Tabuthemen, wie mentale Gesundheit und Fehlgeburten und geben damit anderen Frauen Mut, schwere Zeiten durchzustehen.
Die eigene vermeintliche Schwäche zur Stärke machen – Dank eigener Narben stärke ich andere
„Ich werde niemals heiraten, weil mich kein Mann begehrenswert findet, geschweige denn liebt“ war eine meiner Lügen – ich habe ihr den Kampf angesagt und sie aus meinem Leben verbannt – heute bin ich glücklich verheiratet und habe zwei wunderbare Jungs!
Ich habe meine Vision zum Beruf gemacht. Ich bin Therapeutische Seelsorgerin (i.A.) und Heilpraktikerin, beschränkt auf den Bereich der Psychotherapie“, erzählt uns Karin (32 Jahre, aus Ebsdorf) stolz. Dass es mal so kommen würde, hätte Karin lange Zeit nicht gedacht. Denn ihre Kindheit war alles andere als einfach und irgendwann hatte sie sogar selbst geglaubt niemals eine glückliche Zukunft und Partnerschaft haben zu können.
„Warum kann ich nicht aussehen wie andere?!“ Wenn auch die Seele Narben bekommt
„Ich selbst habe schon viel miterlebt in meinem noch relativ jungen Leben. So bin ich mit einer sogenannten vollständigen Lippen-Kiefern-Gaumenspalte geboren, das heißt, dass bei meiner Geburt der obere Gaumen komplett fehlte und auch das „Lippenzwischenteil“ unter der Nase. Zahlreiche OPs waren notwendig, sodass ich heute ein fast beschwerdefreies Leben führen kann.
Diese Zeit ist nicht spurlos an mir vorbei gegangen: Mobbing, geringes Selbstwertgefühl, kaum Selbstbewusstsein. Es gab Zeiten, in denen ich mich und meinen Körper einfach hasste. „Warum kann ich nicht so aussehen, wie die anderen? Warum gerade mitten im Gesicht zwei Narben, dort wo man sofort hinschaut. Ich werde nie einen Mann kennenlernen – denn wer kann schon eine Frau mit zwei Narben im Gesicht lieben?“ Ich versuchte meinen optischen Mangel durch Leistung zu kompensieren, durch viel Lernen und (fast) immer gute Noten.
Es ist Okay mal nicht Okay zu sein!
Das Resultat: mit knapp 24 Jahren hatte ich eine Erschöpfungsdepression und musste sogar für einige Wochen in eine Klinik. Aber es war meine Kehrtwende. Ich durfte lernen, dass ich, so wie ich bin, OK bin. Und ich darf träumen und meine Träume in die Tat umsetzten. Und so begann meine Reise in mein richtiges Leben. Es war kein einfacher Weg und war auch von einigen Rückschlägen gekennzeichnet, aber dieser Weg hat sich gelohnt. Ich habe den Heilpraktiker für Psychotherapie gemacht und bin gerade in der Fortbildung zur therapeutischen Seelsorgerin.
Als Therapeutische Seelsorgerin mache ich heute andere stark
Heute begleite ich junge Frauen, die auf der Suche nach sich selbst sind. Ich arbeite ressourcenorientiert und entdecke gerne mit den Frauen ihr Potential. Ich teile meine Erfahrungen in Vorträgen, Seminaren und Predigten, um andere Frauen zu ermutigen, dass es ein Leben in Freiheit gibt. Ich selbst weiß, dass Mobbing, Minderwertigkeitsgefühle und Co Narben auf der Seele hinterlassen. Und es braucht Zeit, bis diese Narben geheilt sind. Aber man hat die Möglichkeit mit diesen Narben ein wunderbares Leben zu führen und die Lügen, die man sich vielleicht viele Jahre eingeredet hat, zu bekämpfen!
Karins #girlsforgirls Tipp: Du bist wertvoll so wie du bist!
Du bist wertvoll und in dir steckt so viel Potential!
Höre auf dich mit anderen zu vergleichen, denn es wird immer jemanden geben, der in deinen Augen besser ist als du – aber hey! Ja, vielleicht ist die andere musikalischer als du, aber du kannst vielleicht viel besser zeichnen. Konzentriere dich auf das was du gut kannst und fang an zu träumen!
Wir müssen mehr über Themen wie Mentale Gesundheit reden! – Ruth schreibt darüber
„2015 begann ich schlimme Angstzustände und vermehrt Panikattacken zu haben. Daraus resultierend musste ich mein Studium abbrechen und ich war zu kaum einer sozialen Interaktion mehr fähig. Hier erlebte ich aus erster Hand, dass kaum jemand etwas über mentale Gesundheit weiß und viele Vorurteile kursierten„, erzählt uns Ruth (28 Jahre, aus Berlin). „Gott sei Dank hatte ich Menschen in meinem nächsten Umfeld, die mich wunderbar unterstützten, aber oft begegnete man mir auch mit Unverständnis. Einige Jahre später wurde mir klar, dass ich gern über solche Themen schreiben möchte, die viele Menschen betreffen und über die doch nicht genug geredet wird.
Auf Tabuthemen aufmerksam machen
Das Schreiben ist nicht nur mein Beruf, sondern auch meine Leidenschaft, besonders wenn es darum geht Menschen eine Stimme zu geben, die sonst nicht gehört werden.“ Ruth ist von Beruf Redakteurin und hat den Blog „The strength of her“ gegründet. „Auch auf Themen, die in unserer Gesellschaft bisher noch nicht so viel Beachtung finden schreibe ich gern. Dazu gehören vor allem Dinge, die ich selbst erlebt habe – Angstzustände, Panikattacken, der Glaube an Gott, die Schönheit und die Herausforderungen des Mamaseins und das Erleiden einer Fehlgeburt.
>> Triggerwarnung – es folgt eine Beschreibung einer Fehlgeburt. << Ruth und Karin sind beide Mütter von Sternenkindern. Ein Thema, über das ebenfalls viel zu wenig gesprochen wird und das gerade in Bezug auf Mentale Gesundheit nicht vernachlässigt werden darf!
Ruth erklärt dir, was es bedeutet Mutter eines Sternenkindes zu sein und wie sie selbst es geschafft hat, mit dieser Tatsache zu leben:Weiterlesen
„Ein Sternenkind ist ein verstorbenes Kind, das vor, während oder kurz nach der Geburt verstorben ist. Eine von vier Frauen erleidet eine Fehlgeburt.
Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal eine von ihnen sein würde.
Ich war in der neunten Woche schwanger und wir freuten uns bereits riesig auf das Kind, malten uns die Zukunft aus und überlegten wie es wohl sein würde, wenn unsere Tochter eine große Schwester werden würde. Und dann begann ich zu bluten. Erst einmal dachten wir uns nichts weiter dabei, denn ich war ja schließlich jung, gesund und eine Woche zuvor war das schon einmal geschehen.
Doch dieses Mal hörte es nicht auf zu bluten
Die Ärztin schaute mir in die Augen, als sie mir mitteilte, dass unser Baby seit circa einer Woche nicht mehr gewachsen war und sie keinen Herzschlag und nur wenig Fruchtwasser hatte finden können. Sie erklärte mir unmissverständlich und freundlich, dass es nichts hätte geben können, was ich hätte anders machen können, um es zu verhindern, es aber auch keine Erklärung dafür gäbe, warum es passiert war.
Unser Baby hatte keinen Herzschlag mehr. Wir hatten nun zwei Optionen: Auf einen natürlichen Abgang warten, oder eine Ausschabung im Krankenhaus. Wir entschieden uns für ersteres. Die nächsten zwei Wochen waren kräftezehrend und voller mentalem und körperlichem Schmerz.
Unsere Herzen waren gebrochen. Wie sollte das Leben einfach weitergehen? Warum war das passiert? Hatte ich wirklich keine Schuld daran? Viele Fragen flogen mir durch den Kopf.
Gott war und ist meine Stütze
In dieser Zeit fühlte ich mich gleichzeitig Gott so nahe wie noch nie zuvor. Er war um mich und bei mir, in meinem Schmerz und in der Trauer. Er zeigte uns, dass es ein Junge gewesen war und gab uns den Namen Nathan, was „Geschenk Gottes“ bedeutet. Und obwohl wir um die Zeit trauerten, die wir nie mit ihm erleben würden, waren wir dankbar, dass wir Nathan’s Eltern hatten sein dürfen, egal wie kurz.„
Ein Blog für Heldinnen – Wie Dich und mich
Auf meinem erzähle ich Geschichten von Frauen, die im alltäglichen Leben zu unscheinbaren Heldinnen werden. Ich glaube, dass Frauen leider noch immer oft übersehen und belächelt werden und das aber jede von ihnen bereits Dinge im Leben überwunden hat, welche nicht nur ein Zeichen ihrer Stärke sind, sondern auch eine Ermutigung für andere sein können. Deshalb habe ich mich entschieden, die Geschichten dieser Frauen zu erzählen. Geschichten von Frauen, wie du und ich. Geschichten von Frauen, die sowohl gewöhnlich, als auch bemerkenswert sind. Geschichten von Frauen, die mehr in sich tragen, als von außen sichtbar ist.
Ruth ermutigender Tipp: Du musst da nicht alleine durch! Es ist okay Hilfe zu brauchen!
Die Themen Angstzustände und Panikattacken habe ich mir nicht ausgesucht. Aber dadurch, dass ich selbst erleben musste, wie diese Dinge die Kraft und Freude am Leben rauben können, möchte ich andere ermutigen:
Du bist es wert nicht allein durch so etwas hindurchzugehen. Vertraue dich jemandem an. Suche dir professionelle Hilfe. Sage Ja zu Medikamenten, wenn es nicht anders geht. Um Hilfe zu fragen ist nicht schwach, sondern im Gegenteil: Das ist wahre Stärke. Gehe Schritt für Schritt vorwärts und feiere jeden einzelnen von ihnen. Und auch wenn es mal einen oder zwei zurückgeht, ist das ein kostbarer Teil deines Lebens und Teil deiner Geschichte, mit der du andere ermutigen und aufbauen kannst. Erzähle sie!
Es ist wirklich okay nicht okay zu sein und wir hoffen, dass dir das durch diesen Artikel noch bewusster geworden ist. Wie gehst du mit Tabuthemen um? Kannst du darüber reden? Wer oder was hilft dir dabei?
Falls Du Dich alleine fühlst oder Du Sorgen hast: Wir haben für Dich wichtige Telefonnummern und Anlaufstellen zusammengestellt, die Du jederzeit umsonst und anonym nutzen kannst
Nummer gegen Kummer:
Für Kinder und Jugendliche – Telefon: 116111
Für Eltern – Telefon: 0800 111 055 0
Telefonseelsorge:
Telefon: 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222 oder 116 123
Chat, E-Mail und weitere Beratungsangebote gibt es hier
Hilfetelefon “Gewalt gegen Frauen“:
Telefon: 0800 0 116 016
Chat, E-Mail und weitere Beratungsangebote in mehreren Sprachen gibt es hier.
u25 Gelsenkirchen und Deutschland – Krisenhilfe per Chat:
Jugendliche helfen Jugendlichen bei Lebenskrisen und Suizidgedanken in einem Chat.
Hilfetelefon “Schwangere in Not“:
Telefon: 0800 011 6016
pro familia:
Telefon: 0221 122087 (Beratungsstelle Köln-Zentrum)
Online oder persönliche Beratung nach Fehlgeburt oder Totgeburt
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